1. Einige Beispiele

Eigentlich eine dumme Überschrift, denn die anderen Stationen bestehen ebenfalls fast nur aus kommentierten Beispielen. Hier sollen sie aber dazu dienen, ein allgemeines Bild davon zu ermitteln, was die Techniken der Regie sind, und vielleicht sogar ein bißchen, wie der Regiestil speziell in "Die kleine Prinzessin Sara" aussieht.

Schnitt im Dialog

Betrachten wir zuerst die obige kleine Dialogszene. Dialoge sind in Filmen und Serien allgegenwärtig und deren Visualisierung gehört zum Handwerkszeug eines jeden Regisseurs. Er unterstützt den Dialog dadurch, daß er eine Information besonders hervorhebt. Nämlich welche Person gerade spricht.

Es gibt logischerweise mehrere Variationen einer solchen Szene, abhängig von der Situation. Lachen zwei Personen zusammen, oder fixieren sie sich gegenseitig, wird der Regisseur sie zusammen in einem Bild zeigen. In einem normalen Gespräch wird die sprechende Person in Großaufnahme gezeigt, wobei der Kopf der anderen eventuell noch zu sehen ist. Auch in obiger Szene fährt die Kamera bald näher heran. Der Grund, daß Peter und Sara am Anfang aus einiger Entfernung gezeigt werden ist, daß die beiden (bereits sprechend) von rechts ins Bild gekommen sind. Das Gespräch auf dem Markt gleich mit Großaufnahmen zu beginnen, wäre viel zu abrupt.

Durch einen solchen Perspektivenwechsel kann also ein Dialog unterstützt werden. Das geht aber auch mit anderen Dingen, so zum Beispiel mit einem Bewegungsablauf.

Schnitt als Zäsur

Auch hier ist Dialog mit im Spiel, aber es gibt einen Unterschied. Normalerweise bleiben die sprechenden Personen unbeweglich und gestikulieren höchstens. Aber hier beginnt Sara, vom Stuhl herabzusteigen, wird aber von Becky unterbrochen. Erst dann steigt sie ganz herab. Während im vorhergehenden Beispiel durch den Schnitt lediglich deutlich gemacht wird, wer gerade spricht, wird hier Saras Innehalten unterstrichen.

Besonders ist mir in dieser Serie aufgefallen, daß sehr oft mitten in der Bewegung ein solcher Schnitt gesetzt wird:

Schnitt in der Bewegung

Und zwar nicht bei den sonst üblichen lange andauernden Bewegungsabläufen (WMT-Standardsituation: ein Wagen fährt vorbei.), sondern auch bei ganz kurzen. Es genügt schon, wenn jemand sich umdreht. Faszinierend, denn so wird viel mehr Dynamik erzeugt.

Drei Szenen, ein Ziel. Alle unterstützen eine bestimmte Handlung. Die Regie sorgt dafür, daß diese gut zur Geltung kommt. Was ist aber, wenn man etwas einfangen will, was nicht unbedingt zur Handlung gehört, wie etwa eine gewisse Atmosphäre?

Saras FensterCésar und Schülerinnen
AbendmotivSzene im Spiegel

Ein sehr einfaches, aber trotzdem effektives Mittel sind etwas ungewöhnlichere Kameraperspektiven, wie hier gezeigt. Sie erfordern nur etwas technisches Geschick. Diese Methode ist ziemlich beliebt, gerade wenn viel Ambition und Idealismus im Spiel ist. Allerdings besteht dann immer die Gefahr der Überladung. Die ganze Handlung wird mit Form, also äußerlichen Stilmitteln im Gegensatz zum zu übermittelnden Inhalt, zugekleistert.

Bei dieser Serie kann man jedoch völlig beruhigt sein. Der Regisseur, Fumio Kurokawa, beherrscht die Gratwanderung zwischen effektivem Einsatz und Überladung perfekt. Das ist eigentlich gut nachvollziehbar, denn es gilt lediglich eine einzelne Regel zu befolgen. Der Einsatz muß wie beiläufig erfolgen, und trotzdem seine Wirkung erzielen. Damit dieses Stilmittel nicht störend ins Auge springt, muß es einfach an die allgemeine Stimmung der jeweiligen Szene angepaßt werden. Ist sie weitgehendst normal oder höchstens romantisch angehaucht, was in diesem Fall für weite Strecken der Serie gilt, sollten die Blickwinkel nicht zu extrem geraten. Ist die Szene erfüllt von einer nervösen Spannung, kann man schon mutiger werden, wie im Bild unten rechts. In dieser Szene muß Sara wieder hinaus in den Sturm, wird aber vorher noch zur Tür begleitet.

Die Bilder auf der rechten Seite gehören eigentlich schon teilweise zu einem weiteren, etwas subtileren Stilmittel der Regie, der Montage (hoffentlich stimmt der Begriff so). Im unteren Bild wird das Konzept noch deutlicher sichtbar.

Beispiel für Montage

Die Kunst besteht darin, zwei oder in seltenen Fällen mehr Motive in einem Bildausschnitt zusammenzufassen, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen. Besonders gut geeignet ist die Montage, um das Innenleben einer Person zu dokumentieren. Eigentlich schreibt die Handlung in der oben zitierten Szene nur vor, daß Sara den Boden schrubbt. James und Molly hatten kurz vorher Text, sie aber nicht. Trotzdem kann man sich unter Kenntnis ihres Charakters gut vorstellen, was sie jetzt denkt. Die Mühe, sich nichts anmerken zu lassen, ihr Stolz und vielleicht sogar ein bißchen Arroganz sind deutlich spürbar.

Wir bleiben vorerst bei den technischen Mitteln. Darunter fällt eines, das Regisseuren von Realfilmen viel weniger Mühe bereitet als denen von Zeichentrickfilmen. Ich habe es einmal das dreidimensionale Dilemma genannt.

  1. Einige Beispiele
  2. Das dreidimensionale Dilemma
  3. Eine Geschichte erzählen
  4. Teile vom Ganzen
  5. Nichts vergessen?


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Taro Rehrl (e-mail), 1998-09-20, 2002-08-17